Reputationsrecht – Bundesgerichthof sensibel für den Barbra Streisand Effekt
Reputationsrecht - Bundesgerichthof sensibel für den Barbra Streisand Effekt

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Ein Urteil vom 28.09.2021 – VI ZR 1228/20 – schützt das Gericht Opfer von Falschdarstellungen im Internet. Gegendarstellung muss gelöscht werden. 

Der Bundesgerichtshof hat den Barbra Streisand Effekt im Blick

Die Sängerin und Schauspielerin Barbra Streisand hatte 2003  in den USA gegen die Veröffentlichung von Bildern im Internet geklagt, die ihre pompöse Villa zeigen: Diese Bilder waren im Internet zu finden. Die Klage bewirkte das Gegenteil. Durch den Krawall und die globale Aufmerksamkeit des Prozesses weiß inzwischen jeder (auch derjenige, der es gar nicht wissen will), wo Frau Barbra Streisand wohnt. Die erwünschten 50 Millionen US-Dollar Schadensersatz erhielt die Klägerin im übrigen auch nicht. Später wurde bekannt, dass das Bild der Strandvilla nur ein paar Mal heruntergeladen und angesehen worden ist.

Streisand-Effekt vor dem Bundesgerichtshof

Das höchste deutsche Zivilgericht hatte folgenden Fall zu entscheiden. Der spätere siegreiche Kläger vor dem Bundesgerichtshof war von der Bildzeitung oder bei Bild.de der Zuhälterei bezichtet worden (also einer Straftat). Hiergegen wandte er sich erfolgreich mittels einer einstweiligen Verfügung und der Reputationsschaden wäre damit beseitigt, weil die Bild.de die Äußerungen nicht mehr wiederholte.

Gegendarstellung verursachte den Reputationsschaden

Zugleich setze der Kläger eine sogenannte Gegendarstellung durch, die allerdings online blieb: „Gegendarstellung Auf bild.de wurde am 15.1.2016 unter der URL https://www.bild.de […] darüber berichtet, dass die ,Kripo wegen des Verdachts der Zuhälterei‘ gegen mich ermittelt und ich den ,Großteil der Taten gestanden‘ hätte. Die Behauptungen sind unwahr. Richtig ist, dass ich kein Geständnis abgab und gegen mich nicht wegen Zuhälterei ermittelt wird. Frankfurt 24.01.2016 C[…] S[…] Anmerkung der Redaktion: C[…] S[…] hat recht.“

Was ist eine Gegendarstellung?

Das Gericht erklärt erst einmal das Wesen der Gegendarstellung wie folgt: „Der Gegendarstellungsanspruch dient seiner Natur nach vorrangig dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen. Demjenigen, dessen Angelegenheiten in den Medien öffentlich erörtert werden, wird ein Anspruch darauf eingeräumt, an gleicher Stelle, mit derselben Publizität und vor demselben Forum mit einer eigenen Darstellung zu Wort zu kommen; er kann sich alsbald und damit besonders wirksam verteidigen, während etwaige daneben bestehende zivil- und strafrechtliche Mittel des Persönlichkeitsschutzes bei Durchführung des Hauptsacheverfahrens regelmäßig erst in einem Zeitpunkt zum Erfolg führen, in dem der zugrundeliegende Vorgang in der Öffentlichkeit bereits wieder vergessen ist. Die Gegendarstellung bleibt dabei stets an eine Erstmitteilung in der Presse gebunden.“

Gegendarstellung im Internet muss gelöscht werden

Der Kläger vor dem Bundesgerichtshof hatte die Gegendarstellung erwirkt und nunmehr blieb diese Darstellung stehen, obwohl der erste Artikel ja gelöscht worden war.

Das Gericht hatte also abzuwägen, ob jemand, der selbst die Gegendarstellung verlangt hatte, nunmehr einen Löschungsanspruch dieser Gegendarstellung hat. Das Gericht wägt das Für und Wieder ab und kommt zu dem Ergebnis, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers diesen berechtigt, eine Löschung erfolgreich zu verlangen. Der Umstand, dass die Zeitung ein möglichst vollständiges Archiv online halten möchte und auch die Tatsache, dass die Gegendarstellung dem Kläger RECHT gibt, spielt keine Rolle.

Tipps und Tricks

Der Barbra Streisand Effekt ist inzwischen ein feststehender Begriff: durch tatsächliche oder rechtliche Gegenmaßnahmen bei Reputation-Störungen sollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit verursacht werden; dezentes Vorgehen erscheint angezeigt. Die Gegendarstellung als Anspruch besteht, hier dauerte es mehrere Jahre bis nach der Löschung des eigentlichen Artikels über die Zuhälterei die Gegendarstellung über die Nichtzuhälterei aus dem Netz verschwunden war.

V.i.S.d.P.:

Dr. Thomas Schulte
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